Unsere bisher tierischste Begegnung- der Wildschweinspielplatz
In Tschechien schmeckte das Bier besonders gut und auch die Sonne hat sich tatsächlich mal gezeigt, hatten wir davor doch sehr mit Wassermassen von oben, Wind von vorne und sogar Sturm zu kämpfen. Wir erreichten unsere erste Metropole, Prag, kamen in den Genuss gastfreundschaftlicher Warmshowershost und erkundeten zum ersten Mal auf unserer Reise ohne das Fahrrad. Tschechien zeigte sich, wie schon geschrieben, sehr hügelig, geradezu bergig, wir durchfuhren viele Wälder, wunderschöne Natur und hatten beim wildcampen die ein oder andere tierische Begegnung. Die eindrücklichste dieser Art war folgende: Wir zelteten in einem Tal, rundherum ging es steile, dicht bewaldete Hänge hinauf. Wir fanden einen ebenen Platz für unser Zelt, sogar eine Plumpstoilette stand dort, ein Volleyballfeld und eine Art Vereinshütte. Es war wohl keine Saison, denn das alles sah eher verlassen aus. Ein kleiner Bach schlängelte sich durch das Tal an unserem Zelt vorbei. Wir genossen sein Plätschern, die Naturgeräusche und krochen schließlich bei Dämmerung in unser Zelt. Da hörten wir kurze Zeit später ein Grunzen. Und noch eins. Und dann ein ganzes Grunzkonzert. Noch nie waren wir einem Wildschwein begegnet, wussten wir doch, dass diese eigentlich sehr menschenscheu sind und schnell wieder verschwinden. Daher späten wir aus dem Zelt, konnten nichts erkennen und kletterten schließlich aus dem Eingang. Großer Fehler. Sehr großer Fehler. Denn plötzlich fanden wir uns ca. 7m Luftlinie Auge in Auge mit einem Wildschwein, welches uns aus dem nächsten Gebüsch anstarrte. Fabian sagt grade noch zu mir: „Wieso geht es nicht weg, wieso steht es da.“ Als plötzlich sechs kleine Frischlinge hinter der Bache, wie wir nun mit Schrecken feststellten, herauskrochen. In selben Moment trat diese aus dem Gebüsch heraus, genau auf uns zu. Wir bewegten uns langsam rückwärts. „Ganz langsam, keine Panik.“ Die Bache trabte weiter und lief schneller. Da drehte sich Franzi um und rannte. Ihr lest also schon, wir haben bis hier her von Anfang an so ziemlich alles falsch gemacht. Die Bache trabte zu ihren Schützlingen und im Halbdunkel sahen wir, wie die Frischlinge über den Platz tobten, quickten und spielten. Alles wohl beobachtet von der Mitte des Platzes von Mamaschwein. Unser Zelt war verloren und alle Sachen ebenfalls. Wir standen mit Schlappen und in Unterwäsche im Mai in einem Tal, an einem Bach, bei anbrechender Nacht irgendwo in Tschechien. Es wurde dunkel und vor allem wurde es kalt. Sehr kalt. In der Nacht sollte die Temperatur noch bis 0 Grad fallen. Wir versuchten mit lautem Reden, Singen und Geräuschen uns langsam immer weiter unserem Zelt zu nähern. Irgendwann war es für uns schwer zu erkennen, wo die Wildscheine rumtollen, denn es war mittlerweile stock dunkel. Nach einer ganzen Weile des Hin und Hers- wir haben wohl ca. zwei Stunden mit den Wildschweinen auf dem Zeltplatz rumgetanzt- hat Fabian seinen ganzen Mut zusammengenommen, ist laut redend und pfeifend zum Zelt gegangen und hat unsere Isomatten und Schlafsäcke herausgezogen. Endlich, wir konnten uns aufwärmen. Wir entfernten uns vom Platz und fanden eine alte, steinerne Tischtennisplatte ohne Netz. Dort legten wir unsere Isomatten und uns in unseren Daunenschlafsäcken nieder. In den ersten Momenten wurde es warm, danach leider ziemlich schnell kalt und nass. Die Feuchtigkeit und die Kälte in dem Tale bei 0 Grad war so groß, dass unsere Daunenschlafsäcke nach kurzer Zeit voller Nässe waren und wer sich ein bisschen auskennt, der weiß, Daune wärmt gut, aber nicht mehr, wenn sie nass ist. So schlotterten wir, zählten Sterne am Himmel und warteten bis es endlich wieder hell wurde. Mit Anbrechen des Tages trauten wir uns wieder zu unserem Zelt, nun sahen wir ja auch wieder alles. Es stand noch, unsere Sachen waren unbeschadet, die Wildschweine nicht mehr zu sehen, aber um uns herum grunzte es weiterhin aus dem Wald. Wir packten unsere Sachen, und machten uns das erste Mal vor 6 Uhr morgens auf, die ersten Tageskilometer zufahren.
„Das war was.“ Sagen wir heute noch. Mittlerweile können wir aber gut über unser Erlebnis lachen. Wir waren selber an dieser Verkettung äußerst dummer Umstände Schuld und würden uns heute niemals mehr so verhalten. Aus Fehlern lernt man und wir sind um eine prägende Erfahrung reicher im Leben.
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