7 Monate, 7 Länder und 7000km
… und wir fahren immer noch. Und lieben es.
Unsere ersten Kilometer taten wir also im Lockdown-Deutschland und fuhren auf dem Elberadweg nach Tschechien ein. Nachdem wir uns unsere Coronaimpfung abholten konnten, war der Weg frei auch unsere eigentlich favorisierte Route, westlich über die Niederlanden, Belgien, Frankreich und Spanien nach Portugal zu fahren. Diesmal duften wir also einfahren zu unseren linken Nachbarn, und die breit ausgebauten Radwege der Niederländer befahren und die Vorfahrt als Radfahrer genießen. Nach Tschechien war dies eine willkommene Abwechslung. Wir überquerten das Ijsselmeer auf einem über 30km langen Deich von Lelystad nach Enkhuisen bis nach Den Helder. Von dort fuhren wir immer an der Küste entlang, durch wunderschöne Dünenlandschaften, über Den Haag und Delft, welche Städte wir uns auch beide anschauten, weiter in die Provinz Zeelande nach Middelburg. In den Niederlanden verbachten wir unsere Campingnächte meist auf einem der vielen Bauerncampings, die dort wirklich an jeder Ecke zu finden sind. Für durchschnittlich 15€ (2 Personen, 1 Zelt) bekommt man auf einem solchen, einen Platz zwischen Hühnern und Kühen, eine Dusche, meist in einem kleinen Anbau oder Bungalow und vor allem aber als Radreisende abends auch seine Ruhe.
Von Middelburg fuhren wir dann in unser viertes Reiseland, Belgien ein. Dort fanden wir in Antwerpen über Warmshowers (Plattform, ähnlich wie Couchsurfen, nur ausschließlich für Radfahrer) eine Unterkunft für zwei Tage, um die Stadt zu erkunden. Weiter ging es dann, nach gerade mal vier Tagen in Belgien, über Ghent schon in das Land Nummer 5: Frankreich.
Wir waren stolz. Sehr stolz, als wir am Meer in Frankreich ankamen. Das war ein wirklich unbeschreiblicher Moment für uns das erste Mal an der Steilküste in Frankreich zu stehen, sei es auch zunächst nur der Ärmelkanal- den Atlantik würden wir nun auch noch erreichen, völlig klar. Mit Eintreffen an der französischen Küste steigerte sich unser Selbstvertrauen, Muskeln und Kondition haben sich ebenfalls merklich ausgebaut. Ließen uns die Höhenmeter in Tschechien noch fluchen und schwitzen, fuhren wir die Steilküste in Frankeich schon weniger fluchend, zwar immer noch schwitzend, aber mit deutlich mehr Freude rauf und wieder runter. Und rauf und wieder runter. In Frankreich stellte sich auch zum ersten Mal das Gefühl ein, wirklich auf dieser Reise angekommen zu sein. Sofern es Sinn macht bei einer Reise von „Ankommen“ zu sprechen. Aber wir hatten endlich das Gefühl diese Reise zu erleben, wie wir es uns in etwa vorgestellt hatten. Starteten wir doch in Deutschland etwas holprig und natürlich recht unbeholfen- mussten uns häufig mit Routennavigation und gänzlichem Umplanen der kompletten Route beschäftigen auf Grund der damaligen Pandemielage- konnten wir erstmals in Frankreich einfach der Küste folgen, das Meer immer auf der rechten Seite, kämen wir immer weiter in Richtung Süden und Sonne. So hofften wir. Wie wir mittlerweile alle wissen, entpuppte sich der diesjährige Sommer als Reinfall und wir bekamen auf dem Rad ebenfalls wenig Sonnentage ab. Weiterhin gab es also viel Wasser von oben und Wind von vorne. Das Wildcampen allerdings war in Frankreich im Gegensatz zu Belgien und den Niederlanden sehr gut möglich. Wir fanden immer einen Platz für unser Zelt, war es am Strand oder sonst wo in der Natur. Der Franzose lebt weiterhin den Ausspruch „Liberté, Egalité, Fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), stammend aus der französischen Revolution und seit 1958 in der Verfassung Frankreichs verankert. So lässt ein Jeder, den anderen machen, sofern er ihn nett grüßt und keinen Schaden anrichtet. Meint, die Franzosen lieben es selber zu Zelten und in der Landschaft zu Campen, die Natur und das Land dürfen gemeinsam genutzt werden. So war das abendliche Zeltaufschlagen vor allem an den naturbelassenen Radwegen, entlang der vielen Kanäle im Land, entspannt und friedlich.
Frankreich ist ein großes Land, und wir verbrachten ziemlich genau zwei Monate dort. Wir trafen erstmals auf unserer Reise andere Radreisende, manche zufällig, manche geplant. Mit allen fuhren wir eine Zeit zusammen, tauschten uns aus, lernten voneinander, bis die Wege sich irgendwann wieder trennten.
Als besonders schön empfanden wir die Westküste Frankreichs, auf der Höhe von La Rochelle weiter südlich an Bordeaux vorbei. Dort bestiegen wir in Arcachon die größte Wanderdüne Europas- die Dune du Pilat- mit über 100 Metern. Der Ausblick von oben zur Meeresseite gerichtet, stellte für uns etwas nie vorher Gesehenes dar. Wie in einer anderen Welt, kam man sich oben in dem tiefen Sand steckend vor. Unser Tipp für dieses Ziel: klettert unbedingt früh morgens auf die Düne. So entkommt ihr dem Ansturm der anderen Pilger und habt die Düne fast für euch alleine.
Über Biscarosse und Mimizan führte uns die Küste weiter nach Bayonne und Biarritz kurz vor die spanische Grenze. Wir waren nun kurz vor den Pyrenäen. Natürlich galt es diese zu überqueren, unser erster Pass von ca. 1000 Höhenmeter, unsere erste Gipfelherausforderung. Wir waren bereit, wir wollten endlich in unser sechstes Land auf der Reise und den Pass wollten wir auch bezwingen. Trotzdem war auf einem Campingplatz in Biarritz erst mal Schluss.
Fabians Rücken machte nicht mehr mit. Schon in Tschechien, also kurz nach Start unserer Reise haben sich bei Fabian teilweise sehr starke Rückenschmerzen bemerkbar gemacht. Während des Fahrens auf dem Rad kaum zu spüren, kamen die Schmerzen morgens und abends umso heftiger. Bis zur Westküste in Frankreich probierten wir Mehreres aus. Unzählige Dehnübungen, Termine beim Osteopathen- alle mit denen wir sprachen, Ärzte, Physiotherapeuten vermuteten eine Ischalgie, das sind Schmerzen und Begleitbeschwerden, die vom Ischiasnerv ausgehen und über den Lendenbereich und das Gesäß, bis ins Bein hineinziehen. Als die Schmerzen sich jedoch auch Monate später nicht besserten, mussten wir eine ernsthafte Untersuchung in Angriff nehmen. Wir mussten in den sauren Apfel beißen, unsere Reise pausieren, Kontakt mit der Auslandskrankenversicherung aufnehmen, in ein Krankenhaus und dort vorstellig werden. In Biarritz ordnete man dann ein CT (Computertomografie) an. Das Ergebnis schockierte uns und plötzlich stand unsere Weiterreise auf ganz dünnem Eis. Durch das CT wurde bei Fabian ein Bandscheibenvorfall, linksseitig entdeckt. Monatelang hat er morgens und abends falsche Rückenübungen gemacht, da wir von einer ganz anderen Ursache der Schmerzen ausgegangen waren.
Wir ließen uns nicht entmutigen und wollten die Reise nicht abbrechen. Fabian sprach mit Ärzten und bekam grünes Licht weiterzufahren. Langsam und mit Bedacht, am besten keine Erschütterungen und auf keinen Fall schweres Heben.
Wie wir unsere Reise fortsetzten und Fabian mit einem Bandscheibenvorfall seinen ersten Pass über die Pyrenäen fuhr, erfahrt ihr im nächsten Bericht.
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